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Es wäre einen Versuch wert gewesen! - Ein Kommentar zum Rückzieher des ÖTV.

08.01.2014 22:23 von Mathias Wagner

Ein kurzer Rückblick auf die vergangenen Tage: Eigentlich hätte das Jahr 2014 eine neue Ära im österreichischen Tennis einläuten sollen. Das Ranglistensystem sollte von Grund auf erneuert, die bisherige Punkte- in eine ITN-Rangliste umgewandelt werden. Als die Umstellung am 1. Jänner amtlich wurde, gab es sofort jede Menge Protest in sozialen Netzwerken, vor allem auf Facebook. Diese richteten sich in erster Linie gegen die ITN-Neueinstufungen (in fast allen Fällen Abstufungen) aller Spieler, die im Zuge der Ranglistenumstellung vollzogen wurden. Am 8. Jänner, nur eine Woche nach Start des Experiments, ruderte der ÖTV zurück. Alles bleibt beim Alten! Die ITN-Umstufungen werden rückgängig gemacht und auf den Stand vom 31. Dezember gebracht. Bei ÖTV-Turnieren wird wieder um Punkte gespielt, die weiterhin das einzige Kriterium für die Rangliste sind. Die einzige relevante Neuerung: In Zukunft werden auch Doppelergebnisse in die ITN einfließen.

Bevor ich (Mathias Wagner) nun meine Meinung zu der Situation äußere, möchte ich darauf hinweisen, dass es sich wirklich um meine persönliche Meinung handelt und um keine offizielle der Tennisschule Richter. Ich würde mich über einen Diskurs zu dieser Thematik sehr freuen. Vielleicht kann sich auch der eine oder andere von euch dazu durchringen, einen Kommentar zu diesem Thema zu schreiben, den wir dann auf der Homepage veröffentlichen.

Die Proteste zur ITN-Umstufung waren durchaus gerechtfertigt. Nach einigen Jahren, die es das System nun gibt, kann man davon ausgehen, dass die Werte die tatsächliche Spielstärke ziemlich genau wiedergeben. Natürlich ist keine Statistik perfekt. Es gibt immer gewisse Abweichungen. Diese waren aber eher die Ausnahme. Daher war es absolut nicht notwendig, alle Spieler neu einzustufen.

Deshalb zahlt es sich aber noch lange nicht aus, die gesamte Vision über den Haufen zu werfen. Die ITN-Rangliste hätte bewirkt, dass auf einmal jeder Spieler in Österreich ein Ranking gehabt hätte und somit eine Motivation mehr, viele Matches zu spielen und sich zu verbessern. Man hätte sehr schnell einen deutlichen Sprung nach oben machen können. Mit ITN 4.81 läge man aktuell auf Platz 4000, mit 4.59 (nur 0.22 höher) wäre man schon Nummer 3000. Mit zwei guten Leistungen hätte man sich um ganze 1000 Plätze hochspielen können und umso höher der ITN-Wert, umso schneller wäre es nach oben gegangen. Und man hätte bei jedem Meisterschaftsspiel, jedem ITN-Turnier den Ansporn gehabt, um eine Verbesserung der Ranglistenplatzierung zu spielen. Wäre es nicht toll gewesen, wenn man bei den Einzelturnieren des FTC Tulln oder in Sieghartskirchen oder auch auf der Hobbytennistour um einen besseren Platz in Österreichs Rangliste gespielt hätte? So bleibt ein offizielles und repräsentatives ÖTV-Ranking ein Privileg. Ein Vorzug für eine kleine Elite an Spielern, die das Niveau haben, bei ÖTV-Turnieren konkurrenzfähig zu sein. Aber sollte nicht eigentlich jeder Spieler, der eine ÖTV-Lizenz besitzt, zumindest eine faire Chance haben, an ein Ranking zu kommen?

Der ÖTV-Rückzieher stört mich auch noch aus einem anderen Grund. Seit Jahren, zumindest so weit ich mich erinnere, beschwert sich die Masse über den Stillstand im ÖTV. Wie oft habe ich nicht gehört, wie altmodisch der ÖTV ist, was nicht alles schief läuft? Nun gibt es seit bald zwei Jahren einen neuen Präsidenten. Endlich haben wir einmal jemanden, der eine Vision hat und diese umsetzt. Im Endeffekt wird seiner Idee gar keine Chance gegeben, sich zu profilieren. Und so bleibt wieder alles, wie es ist.

Auch an der Turnierlandschaft wird sich somit kaum etwas ändern. Und hier liegt meiner Meinung nach das größte Problem. Für die Allgemeinheit, abgesehen von der oben genannten Elite, wird der ÖTV auf dieser Ebene somit weiterhin nichts tun. Klar kann man in der Qualifikation eines ÖTV-Turniers mitspielen. Die Qualifikations-Bewerbe sind aber meist unter der Woche und lassen sich mit Beruf/Uni/Schule kaum vereinbaren. Hierzu noch eine kurze Anekdote: Ich habe letztes Jahr beim ÖTV-Turnier in Gars am Kamp teilgenommen und musste natürlich in die Quali. Die erste Qualifikationsrunde wurde an einem normalen Mittwoch um 10 Uhr angesetzt. Keines der Spiele fand statt. Mindestens ein Spieler jeder Begegnung hatte keine Zeit und musste w.o. geben.

Als Spieler, der nicht das nötige Niveau hat, ist man damit weiterhin auf private Hobbyturniere angewiesen. Die bereits oben genannte Hobbytennistour zieht an ihren Turnierwochenenden stets um die 100 Spieler (meist sogar deutlich mehr) an. Das zeigt, wie viele Breitensportler, egal ob ITN 4 oder 8, sich regelmäßig auf Turnierebene messen möchten.

Beim ÖTV hat man da aber keine Chance, obwohl Turniere für jeden Spieler, ob jung oder alt, extrem wichtig sind in seiner Entwicklung. Der ÖTV versäumt hier ganz klar eine seiner großen Pflichten, nämlich jene, sich als Fachverband um den Breitensport zu kümmern. Immerhin ist es der Breitensport, der dem ÖTV die Top-Talente, die es vielleicht in den Spitzensport schaffen, liefert. Auch finanziell wird der Verband durch den Breitensport am Leben gehalten. 

Ob die neue Rangliste langfristig zu einer Verbesserung der Turnierlandschaft geführt hätte, kann man freilich nicht sagen. Wir werden es nie erfahren. So ist aber klar, dass sich auf dieser Ebene erst recht nichts ändern wird...

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